Endlich die Lücke schließen!

Liebe Frauen, es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht! Die gute: Morgen ist Equal Pay Day. Ihr erinnert euch, das ist der Tag, bis zu dem ihr arbeiten müsst, um das verdient zu haben, was die Herren der Schöpfung bereits am 31. Dezember auf dem Konto hatten. Im letzten Jahr fiel dieser Tag  noch auf den 10. März, in den Jahren zuvor gar auf den 18. März. Was, fragt ihr euch jetzt bestimmt, ist dann die schlechte Nachricht? Die Antwort: Morgen ist Equal Pay Day. Nicht am 31. Dezember, wie es sein sollte, sondern immer noch am 07. März. Oder anders gesagt: Dass die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern jetzt nicht mehr 21 Prozent, nicht mehr 19 Prozent, sondern „nur“ noch 18 Prozent beträgt, mag ein winziger Schritt in die richtige Richtung sein – zum Feiern lädt das Ganze aber nicht gerade ein. 

Denn geschuldet ist das Prozentpünktchen weniger dem Umstand, dass Arbeitgeber*innen sich jetzt plötzlich auf die Devise „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ besinnen (schon gar nicht bietet das Entgelttransparenzgesetz hierfür irgendeinen Anlass!). Vielmehr kommt zum Tragen, dass während der Pandemie eben vermehrt die Männer ihren Arbeitsplatz verloren haben oder in Kurzarbeit gerutscht sind. Zumindest vor Letzterem waren viele Frauen von vorne herein gefeit: Für geringfügig Beschäftigte – und 65 Prozent dieser Gruppe sind Frauen – gelten die Regeln der Kurzarbeit nämlich gar nicht.

 

Mathematische Spielchen hin oder her  - die drei Tage weniger Gender Pay Gap  sind nicht mehr als ein Phyrrussieg – ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein. Denn der „Gender Time Gap“, das ist die Differenz der Arbeitsstunden, die Frauen im Vergleich zu den Männern erbringen, ist nicht kleiner geworden – im Gegenteil. Fast jede zweite Frau ist in Teilzeit beschäftigt. Arbeiteten die Frauen vor der Pandemie im Schnitt etwa zehn Wochenstunden weniger als die Männer, lag der „Gender Time Gap“ im Frühjahr 2020 bei 12 Stunden. Viele Mütter hatten ihre Arbeitszeit während des Lockdowns zusätzlich reduziert, um die Kinder betreuen zu können. Ob sie – sollte Corona jemals vorbei sein – wieder aufstocken können, hängt allzu oft vom Wohlwollen der Arbeitgeber*innen ab. 

 

Dass der „Gender Care Gap“ während der Pandemie gewachsen ist -  Kinderbetreuung und Haushalt während des Lockdowns  also vor allem Frauensache waren - dass gar ein „Rollback“ in tradierte Rollenmuster drohte (zu diesem Schluss kam jedenfalls die Soziologin Jutta Allemedinger), mag ein wenig zu schwarz-weiß gemalt sein. Denn nur in sieben Prozent der Familien mit kleinen Kindern, war es wirklich die Frau, die sich im Homeoffice vermehrt um Kochen, Putzen, Waschen und Hausaufgaben kümmerte. Fast genauso viele Familien (fünf Prozent) nahmen hierzu die Herren der Schöpfung stärker in die Pflicht. Und immerhin 12 Prozent sorgten für eine im Verhältnis zu früher gerechtere Aufteilung von Haus- und Erwerbsarbeit. Bleibt die große Masse: In drei viertel aller Familien änderte sich im Vergleich zu vor der Pandemie schlicht gar nichts. Und nichts heißt in diesem Fall, dass es schon vor Corona eben meist die Frauen waren, denen nach Feierabend noch eine zweite Schicht an Spüle und Herd winkte: Rund 4,12 Stunden pro Tag – zu diesem Ergebnis kam eine Studie aus dem Jahr 2013 – werkelten Frauen neben ihrer Vollzeittätigkeit noch im Haushalt. Die Männer hingegen halfen im Schnitt gerade einmal für rund 2,5 Stunden mit. 

 

Im Ergebnis wirkte die Corona-Pandemie also wie ein gewaltiger Tuner – bereits bestehende Ungleichheiten wurden nochmals verstärkt. 22 Prozent der Frauen (gegenüber 16 Prozent der Männer) fühlen sich emotional belastet, fast jede fünfte Frau gibt zu, dass ihre berufliche Produktivität leidet (während dies nur 7 Prozent der Männer unterschreiben würden – offenbar sind sie es, die den häuslichen Kampf um den einzigen Schreibtisch im abschließbaren Arbeitszimmer häufiger für sich entscheiden können, während die Frau mit dem Eckchen am Küchentisch vorlieb nehmen muss). 

 

Was also kann man tun, um Gender Pay Gap, Gender Time Gap und Gender Care Gap auf ein erträgliches Maß, im Idealfall auf Null, zu senken?

 

Natürlich ist es hilfreich, die Kinderbetreuung weiter auszubauen, damit sich sowohl Mütter als auch Väter ausreichend auf ihren Job konzentrieren können. Das Ehegattensplitting, das in seiner jetzigen Form geradezu einlädt, als Ehefrau möglichst nicht zu arbeiten, gehört dringend reformiert, ebenso wie die Ausgestaltung der Elternzeit. Und selbstverständlich braucht es  gesetzliche Grundlagen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, etwa hinsichtlich der Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort und dem Recht auf Rückkehr aus der Teilzeitarbeit.

 Viele gute Ansätze haben es diesbezüglich aus dem GRÜNEN Bundestagswahlprogramm bereits in den aktuellen Koalitionsvertrag geschafft – etwa der Plan, die Steuerklassenkombination III und V zu streichen, die Einführung eines Gutscheinsystems für haushaltsnahe Dienstleistungen oder die Kindergrundsicherung. Für andere Dinge – etwa die paritätische Aufteilung der Elternmonate nach der Geburt, die vollständige Reform des Ehegattensplittings oder den flexiblen Arbeitszeitkorridor werden wir GRÜNE uns weiterhin mit aller Kraft stark machen. 

 

Am wichtigsten ist es jedoch, Geschlechtsstereotype immer wieder aktiv zu hinterfragen und vor allem den eigenen Kindern zu vermitteln: Ja, es ist normal, dass Papa das Essen kocht und Mama währenddessen in einer Zoom-Konferenz sitzt und nicht gestört werden darf. Es ist normal, dass Papa zu Hause bleibt, während Mama ins Büro geht oder auf Dienstreise fährt – und das auch kurz nach der Geburt eines Kindes. Und es ist genauso normal, wenn Mama „nur“ Teilzeit arbeitet -  und Papa auch.

 

Liebe Frauen, bis die Lücke geschlossen ist - will heißen, bis der Equal Pay Day auf den 31.12. fällt, bis Männer und Frauen gleichviel arbeiten, gleichviel Hausarbeit erledigen, gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen und gleich viel leben und bis der Weltfrauentag nur noch ein historischer Gedenktag ist  – werden wir noch häufig mit roter Handtasche spazieren gehen (am Equal Pay Day) oder eine rote Rose in die Hand gedrückt bekommen (am Weltfrauentag). Aber - wir geben nicht auf!

 

Zum Weiterlesen:

Studie der Hans-Böckler-Stiftung:  https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_64_2021.pdf

Studie des DIW: https://www.diw.de/de/diw_01.c.815794.de/publikationen/wochenberichte/2021_15_3/warum_vor_allem_weibliche_selbststaendige_verliererinnen_der_covid-19-krise_sind.html

Gastbeitrag von Jutta Allemedinger in der ZEIT: : https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-02/corona-gleichstellung-studien-frauen-geschlechterrollen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

 

Die Frankfurter GRÜNEN unterstützen den Aufruf des DGB zum 08. März und nehmen am solidarischen Aktionstag für die Sozial- und Erziehungsberufe teil. Ab 13.00 Uhr ist der Kreisverband mit einem Solidaritätspunkt in der Frankfurter Innenstadt vertreten. Ab 15.00 Uhr formiert sich ein Demo-Zug vor dem Gewerkschaftshaus in der Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77. 

 



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