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20.01.2019

100 Jahre Frauenwahlrecht: Gleichberechtigung endet nicht mit dem Kreuz auf dem Stimmzettel!

Vom Korsett zum Frauenwahlrecht

 

Lange Schlangen zogen sich die Straßen entlang, an diesem 19. Januar 1919. Nach den Wirren der Nachkriegsrevolution wurde an diesem Sonntag das erste Parlament der frisch ausgerufenen „Weimarer Republik“ gewählt. Das Besondere dabei:  Zum ersten Mal lief die Wahl nach heutigen demokratischen Maßstäben ab: Sie war geheim, jeder hatte nur eine Stimme, die das gleiche Gewicht hatte, wie alle anderen Stimmen und vor allem: Jeder, der älter als 20 Jahre war, durfte nicht nur wählen, sondern sich auch zur Wahl stellen – Männer wie Frauen.

Mehr als 80 Prozent der Frauen machten von ihrem neuen Recht Gebrauch und betraten an diesem Tag erstmals eine Wahlkabine. Lange hatten sie für ihr Recht kämpfen müssen, hatten sich in Vereinen und Verbänden nicht nur für das Frauenwahlrecht, sondern insgesamt für eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Frauen eingesetzt. Frankfurt mit seinem liberalen Klima bildete eines der Zentren der Frauenbewegung. Diese wirkte dabei vom Privaten in die Öffentlichkeit: Erst hatten die Frauen das einschnürende Korsett abgelegt. In bequemerer Kleidung eroberten sie sich mehr und mehr Bewegungsfreiheit, lernten das Radfahren, spielten Tennis. Spätestens im Krieg wurde es allgemein üblich, dass auch Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Als Sanitäterinnen an der Front, Kohlenlieferantinnen oder Straßenbahnschaffnerinnen führten sie dabei die Aufgaben aus, die bislang den Männern vorbehalten waren. Mit welchem Recht konnte man ihnen da noch das Wahlrecht vorenthalten? Zumal andere europäische Länder bereits vorgeprescht waren – in Finnland durften Frauen bereits seit 1906 an die Wahlurne, auch in Norwegen, Dänemark, Island und Estland gingen Frauen selbstverständlich zur Wahl. Nach und nach führten alle europäischen Staaten das Frauenwahlrecht ein. Am längsten warten mussten die Schweizerinnen (1971), die Portugiesinnen (1975) und die Liechtensteinerinnen (erst 1984!)

 

Gleichberechtigung endet nicht in der Wahlkabine

 

Aber damals wie heute galt: Gleichberechtigung endet nicht mit dem Kreuz auf dem Stimmzettel! Von 300 Frauen, die 1919 für die Nationalversammlung kandidierten, schafften es gerade mal 37 ins Parlament. Denn die meisten Frauen konnten sich bei der Listenaufstellung nicht gegen ihre männlichen Konkurrenten behaupten und mussten sich mit hinteren Listenplätzen zufriedengeben. Die ersten Ministerinnen übernahmen mit Gesundheit oder Familie ausschließlich als typisch weiblich klassifizierte Ressorts. 

 

100 Jahre später wird Deutschland im dreizehnten Jahr von einer Kanzlerin regiert. Eine Frau befehligt als Verteidigungsministerin die Streitkräfte, Frauen sitzen auf Chefsesseln und in Aufsichtsräten. Vor 70 Jahren wurde die Gleichstellung von Mann und Frau als Grundrecht im Grundgesetz verankert (maßgeblichen Anteil daran hatten weibliche Politikerinnen wie Elisabeth Selbert!). Und doch sind wir von echter Gleichberechtigung noch weit entfernt. Immer noch verdienen Frauen 20 Prozent weniger als Männer in vergleichbaren Positionen, immer noch sind es die Frauen, die nach der Geburt eines Kindes ihren Job auf Teilzeit reduzieren, um sich um Familie und Haushalt zu kümmern. Und immer noch haben in der Politik vor allem die Männer das Sagen.

 

Bei der Frauenquote unter „ferner liefen“

 

Laut Artikel 38 des Grundgesetzes sollen die Abgeordneten im Bundestag das gesamte Volk repräsentieren. Doch schaut man sich die Zusammensetzung des aktuellen Parlamentes an, so dominiert die Norm, will heißen, der „weiße“ heterosexuelle Mann. 

Obwohl die Hälfte der deutschen Bevölkerung weiblich ist, beträgt die Frauenquote im aktuellen Bundestag gerade einmal 30,7 Prozent. Das ist nicht nur der niedrigste Wert seit zwanzig Jahren, auch im internationalen Vergleich liegt die Bundesrepublik damit weit hinten – im Parlament von Spitzenreiter Ruanda sind stolze 64 Prozent der Abgeordneten weiblich! Je konservativer die Partei, desto schwerer haben es die Frauen, aussichtsreiche Listenplätze zu besetzen. Nicht einmal jedes fünfte Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion ist weiblich, ganz zu schweigen von der Frauenquote der AfD-Fraktion, die bei lediglich 10 Prozent liegt. Sei es, dass Frauen sich von ihrer Erziehung her schwerer tun mögen, ihre Ellbogen auszufahren, sei es, dass sie parteiintern weniger Förderung erfahren und von informellen Netzwerken ausgeschlossen werden – die Gründe sind komplex. Justizministerin Katharina Barley möchte zumindest auf gesetzlichem Weg Abhilfe schaffen und eine Quotierung vorschreiben. Wie hilfreich diese Quote wäre, zeigt sich in unserer eigenen Partei: Bereits seit 1986 gilt bei uns GRÜNEN parteiintern das Frauenstatut. Jeder zweite Listenplatz muss demnach mit einer Frau besetzt werden, ganz egal, ob für den Ortsbeirat kandidiert wird oder für den Bundestag. Das Ergebnis: Wären im aktuellen Bundestag nur GRÜNE vertreten – die Frauenquote läge bei über 58 Prozent! Dennoch: Eine Quote, die nicht einhergeht mit der Änderung gesellschaftlicher Strukturen, mit dem Umdenken hinsichtlich tradierter Rollenbilder – sei es in der Erziehung, im Berufsleben oder im häuslichen Alltag - würde ins Leere laufen. 

 

Die Norm dominiert das politische Geschehen

 

Echte Diversität, wie sie Artikel 38 fordert, hört jedoch bei der Geschlechterfrage nicht auf. Migrant*innen, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Nichtakademiker*innen –sie alle sind in der aktuellen politischen Szene unterrepräsentiert. Nur zwei von 709 Bundestagsabgeordneten bekennen sich aktuell zum muslimischen Glauben. Und das in einem Land, in dem viereinhalb Millionen Muslime leben! Ähnliches beim Bildungsgrad: 35 Prozent der Bevölkerung haben (lediglich) einen Hauptschulabschluss. Würde das Parlament dies abbilden, dann müssten demnach unter den 709 Abgeordneten 253 Hauptschüler sein. Tatsächlich sind es ganze 9. Demgegenüber können fast 87 Prozent der Abgeordneten ihren Lebenslauf mit einem Studienabschluss schmücken. Auch in Frankfurter Römer überwiegen die Akademiker*innen. So stellen beispielsweise sechs von 14 ehrenamtlichen Magistratsmitgliedern ihrem Namen (mindestens) einen Doktortitel voran. 

Doch auch mit akademischem Grad hat man es immer noch schwerer, wenn man eine Frau und zugleich Migrantin ist: So war die Frankfurter GRÜNE Dr. Nargess Eskandari-Grünberg die erste Migrantin überhaupt, die in einer deutschen Großstadt für das Amt der Oberbürgermeisterin kandidiert hat – und das im Jahr 2018! Auch wenn sie damit für viele Frankfurter*innen ein Vorbild war – etliche von ihnen konnten ihr trotzdem keine Stimme geben. Weil sie in dem Land, in dem sie zwar nicht geboren wurden, aber seit Jahren oder gar Jahrzehnten zu Hause sind, immer noch 

nicht wahlberechtigt sind. 

 

Auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts stehen wir in vielen Dingen noch ganz am Anfang. 

 

 

Zum Weiterlesen:

 

Zum Kampf um das Frauenwahlrecht:

https://mmg.historisches-museum-frankfurt.de/xpedeo/?P=1803

 

Zur Zusammensetzung des 19. Deutschen Bundestages: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/bundestag-diese-abgeordneten-fehlen-e291979/



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