Diversity Diary: Identität religiös

21. September: Nationalfeiertag in Armenien

 

Armenien – das zerrissene Land

 

Auch Armenien gehörte bis 1991 zur Sowjetunion. Am 21. September, dem heutigen Nationalfeiertag, wurde der vorderasiatische Staat unabhängig.

Mit rund 30.000 Quadratkilometern umfasst das heutige Staatsgebiet nur einen kleinen Teil des einstigen armenischen Siedlungsgebietes. Zwischen Georgien, Aserbaidschan, der Türkei und dem Iran gelegen, weckte Armenien im Laufe der Geschichte die Begehrlichkeit verschiedener Völker. 1064 eroberten die Seldschuken das Land, im 13. Jahrhundert gliederten es die Mongolen in ihr Weltreich ein. Im 16. Jahrhundert wurde Armenien zwischen Persien und dem Osmanischen Reich aufgeteilt. 1828 verloren die Perser ihr Gebiet an das Russische Kaiserreich; 1922 entstand hieraus die Sozialistische Sowjetrepublik Armenien. Das ehemalige West-Armenien bleibt unter osmanischer Herrschaft. Zahlreiche Armenier*innen im osmanischen Teil wurden während des Ersten Weltkrieges zum Opfer der Völkermorde durch die Türken. 

 

Republik in den Bergen

 

Heute ist Armenien eine parlamentarische Republik mit einem Einkammer-Parlament, dem 107 Abgeordnete angehören. Aktuell hat die liberale Partei „Zivilvertrag“ die absolute Mehrheit inne und stellt mit Nikol Paschinjan den Premierminister. Paschinjan gehörte während der „Samtenen Revolution 2018“ zu den Protestführern gegen die Entscheidung des Parlamentes, den damaligen Staatschef Sersch Sargsjans erneut als Premierminister zu nominieren, obwohl die Wiederwahl laut Verfassung nach zwei Amtszeiten ausgeschlossen ist. Untypisch für ein ehemaliges Ostblock-Land waren in Armenien nie kommunistische Parteien an der Regierung beteiligt. Eine GRÜNE Partei gibt es in Armenien nicht. 

Die weltweite Anerkennung des Völkermordes an den Armenier*innen sowie eine friedliche Lösung des Konfliktes in Bergkarabach mit Aserbaidschan sind zwei wesentliche außenpolitische Anliegen der armenischen Regierung. 

Armenien ist ein gebirgiges Land – 90 Prozent der Landesfläche liegen mindestens 1000 Meter über dem Meeresspiegel. Der Sewansee, der zu größten Gebirgsseen der Welt gehört und das Skigebiet Zaghkadsor sind beliebte Urlaubsziele vor allem für Tourist*innen aus Russland, Iran, Georgien und den USA. 

Die vielen Berge verhindern starke Kälteeinbrüche, das Klima ist kontinental bis subtropisch. Da hier die eurasischen Erdplatten aufeinandertreffen, kommt es immer wieder zu Erdbeben, wie beispielsweise 1988 im Norden des Landes, wo 25.000 Menschen starben. 

Das Erdbeben von 1988 hatte auch verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes, dazu kommen Korruption, Monopolbildung und oligarchische Strukturen aus der Sowjetzeit. Die Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Korruption systematisch zu bekämpfen; seit 2018 haben sich die Verhältnisse gebessert. Eine große Rolle spielt der Bergbau – abgebaut werden u.a. Diamanten, Kupfer und Gold. 

Viele Fahrzeuge werden in Armenien mit Erdgas betrieben, da dieses – im Vergleich zu Benzin und Diesel – kostengünstig aus Russland importiert werden kann. 

 

 

Der christliche Glaube prägt die Identität

 

Auf einem Gebiet, das in etwa die Größe Brandenburgs hat, leben heute lediglich drei Millionen Einwohner*innen – davon allein ein Drittel in der Hauptstadt Jerewan. Vor allem in den 90er Jahren sind viele Armenier*innen ausgewandert – etwa zwei Drittel leben heute im Ausland. In Frankfurt sind 188 Menschen mit armenischem Pass zu Hause.

Die armenische Sprache nutzt ein eigenes Alphabet mit 38 Buchstaben, das Anfang des 5. Jahrhunderts entwickelt wurde. Nach wie vor ist im Alltag auch das Russische stark verbreitet.

90 % der Armenier*innen bekennen sich zur Armenisch-Apostolischen Kirche, einer Form des orientalisch-orthodoxen Christentums. Auch wenn die Verfassung Religionsfreiheit garantiert, ist die Apostolische Kirche quasi Nationalreligion. 301 war Armenien das erste Land gewesen, welches das Christentum zur Staatsreligion erhoben hatte – auch heute noch ist der Glaube daher zentraler Bestandteil der nationalen Identität. Typisch für die armenische Kirche sind singend vorgetragene Gebete, die neunmal täglich verrichtet werden. Gefeiert werden die Geburt Christi am 06. Januar (Surb znund), die „Darstellung des Herrn“ am 14. Februar (Trndes), das Osterfest, Himmelfahrt, das „Fest der Umwandlung“ 14 Wochen nach Ostern und die Kreuzerhöhung (Surb Chatsch) an dem Sonntag, der dem 14. September am nächsten liegt. Den kirchlichen Feiertagen stehen zahlreiche nationale gegenüber. Ein nationaler Gedenktag ist beispielsweise der 24. April für die Opfer des Völkermordes an im Ersten Weltkrieg; gefeiert wird auch der „Tag des Sieges über das Dritte Reich“ am 09. Mai. 

Die Familie spielt in Armenien eine große Rolle. In vielen Familien herrscht auch heute noch die traditionelle Rollenverteilung vor, wobei der „Familienältesten“ – der Frau oder Witwe des ältesten Familienmitglieds – eine Sonderstellung zukommt. Alte Menschen werden von den jüngeren mit großem Respekt behandelt. 

Homosexualität ist in Armenien zwar nicht strafbar; homosexuell lebende Menschen werden jedoch im Alltag diskriminiert und marginalisiert. 

 

Das Land der Aprikosen

 

Armenien ist das Ursprungsland der Aprikose, deren lateinischer Name prunus armeniaca übersetzt „armenische Pflaume“ lautet. Die Aprikose ist eines der nationalen Symbole des Landes. Sie ist nicht nur Namensgeberin eines nationalen Filmfestivals – aus Aprikosenholz besteht auch das Nationalinstrument duduk, ein Blasinstrument, in dem ähnlich der Oboe oder des Fagott ein Doppelrohrblatt zum Schwingen gebracht wird. Auch aus der armenischen Küche ist die Aprikose nicht wegzudenken. Sie dient nicht nur als gesunde „Mezze“ (so werden die kleinen Zwischenmahlzeiten genannt), sondern auch als Einlage für Suppen (zum Beispiel Bosbasch mit Lammbrust und Gemüse) und als Füllung von Forellen. Außerdem wird sie zu Wein verarbeitet.

Die armenische Küche ist stark von arabischen, persischen und türkischen Einflüssen geprägt. Ein wichtiges Grundnahrungsmittel ist Bulgur, das aus Weizen gewonnen wird. Zu den Mezze (unter anderem die auch aus der Türkei bekannten Börek und Dolma) wird Lawasch, ein dünnes, knuspriges Weizenbrot gereicht. Es ist das Nationalgericht Armeniens. Auch Harissa, ein Brei aus Weizenkörnern und Hühnerfleisch besteht, ist eine typisch armenische Spezialität. 

Die armenische Kultur könnt ihr in Frankfurt u.a. bei Veranstaltungen des Armenischen Kulturvereins in Hessen oder des Armenischen Frauenvereins kennenlernen. 

 

Zum Weiterlesen:

Amalia van Gent, Christina Leumann: Den Ararat vor Augen – Leben in Armenien. Kolchis Verlag, Wettingen 2015, ISBN 978-3952449806. Die Autorinnen berichten vom Leben in Armenien in der Gegenwart.

 

Zum Weiterschauen:

The Cut. Regisseur Fatih Akin erzählt die Geschichte einer Familie, die nach dem Völkermord auseinandergerissen wird. Erhältlich als DVD, Blue-Ray und bei Amazon Prime.

Earthquake – Welt am Abgrund. Erzählt die Geschichte zweier Helfer nach dem Erdbeben von 1988. Abrufbar bei Amazon Prime

 

In Frankfurt:

Armenischer Kulturverein Hessen: www.armenier-frankfurt.de

 

21 - 27. September: Sukkot

 

Fünf Tage nach Jom Kippur beginnt das jüdische Laubhüttenfest, das sieben Tage dauert. Das Laubhüttenfest ist nicht nur ein Entedankfest, sondern erinnert auch an die Wüstendurchquerung nach dem Auszug aus Ägypten, während der die Israelit*innen sich provisorische Unterkünfte aus Laubhütten gebaut hatten. Zu Sukkot werden diese Hütten („Sukka“) nachgebaut – im Garten, auf dem Hof, auf dem Balkon – überall dort, wo Platz für einen Unterstand aus Ästen, Zweigen und Matten ist. In der festlich geschmückten Sukka werden  - sofern das Wetter mitspielt – während der Festwoche die Mahlzeiten eingenommen; manche übernachten sogar in der Hütte. In den Gottesdienst bringen die Gläubigen die Arbaá minim mit, einen Strauß aus einem gebundenen Palmzweig, drei Myrtenzweigen, zwei Bachweidenzweigen und Etrog (eine Zitronenart). Während der Gebete werden die Sträuße in die vier Himmelsrichtungen, nach oben und unten gewendet. Zum Abschluss des Gottesdienstes werden sie mit den Torarollen um das Lesepult getragen. Dies erinnert an die im Talmud überlieferte Prozession um den Altar im Tempel von Jerusalem. Während der Umzüge beten die Gläubigen für eine gute Ernte. Danach werden fünf zusammengebundene Buchweidenzweige fünfmal abgeklopft. Am letzten Tag des Sukkot, Hoschana Rabba, finden sieben Prozessionen statt. 

Zum Abschluss des Laubhüttenfestes wird am achten Tag das Fest Schmini Azaret gefeiert, teilweise folgt am neuten Tag noch Simchat Thora, das „Freudenfest der Thora“. Zum letzten Tag decken die Gläubigen den Tisch in ihrer Sukka. Der Gottesdienst an dieem Tag steht ganz im Zeichen der Bitte um Regen. Schmini Azarat gehört außerdem zu den Tagen, in denen in der Synagoge ein besonderes Gebet für die Verstorbenen gesprochen wird.

 

23. September: Nationalfeiertag Saudi-Arabien

 

Das absolute Königreich

 

“Al Mamlaka al-arabiya as-sa udiya” heißt das Königreich Saudi-Arabien in der Landessprache. Der heutige Staat entstand am 23. September 1932 durch Vereinigung unterschiedlicher Emirate und Gebiete durch Abd al-Aziz ibn Saud. Seine männlichen Nachfahren regieren das Land bis heute. Erst seit 2006 ist der Nationalfeiertag ein gesetzlicher Feiertag, an dem alle Behörden und Geschäfte geschlossen sind.

Als eines von nur noch sechs Ländern weltweit ist Saudi-Arabien eine absolute Monarchie. Der König vereint Legislative, Judikative und Exekutive in sich und steht über allen Gesetzen.. Seit 1953 existiert ein Ministerrat, der den König hinsichtlich der politischen Leitlinien berät. Die Ratsmitglieder werden ausschließlich vom König benannt; oft handelt es sich um Mitglieder der Königsfamilie. Diese stellen auch die Gouverneure, welche die 13 Provinzen regieren. 

Wahlen gibt es in Saudi-Arabien nur auf kommunaler Ebene; seit 1992 existiert jedoch eine Art Parlament, die „Beratende Versammlung“ mit 150 Mitgliedern, die ebenfalls vom König jeweils für vier Jahre ernannt werden. Sie beraten die Regierung und kann auch eigene Gesetzesinitiativen einbringen. Im Juni 2006 wurden erstmals sechs Frauen in die Beratende Versammlung berufen, heute sind etwa ein Fünftel der Mitglieder weiblich. 

Parteien sind in Saudi-Arabien verboten – im Untergrund existieren jedoch einige Parteien, zu denen auch die GRÜNE Partei Saudi-Arabiens gehört. Ihre Mitglieder werden strafrechtlich verfolgt. 

Saudi-Arabien ist Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga. Letztere zettelte 1948 den Palästinakrieg an, um die Gründung Israels zu verhindern. Auch in den Golfkriegen und im Bürgerkrieg der Huthi im Jemen beteiligte sich Saudi-Arabien. 

Wichtigstes Exportgut ist das Erdöl. Saudi-Arabien besitzt die weltweit zweitgrößten Erdölvorkommen. Dieser Umstand machte das Land seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem der reichsten Staaten der Erde und sicherte die politische Einflussnahme in der Außenpolitik: Zu den Vereinigten Staaten besteht zum Beispiel ein enges Bündnis. Um die westlichen Staaten im Jom-Kippur-Krieg unter Druck zu setzen, drosselte Saudi-Arabien 1973 die Erdöllieferungen, was in Deutschland an manchen Sonntagen zu leeren Autobahnen führte. Die im Zuge der Covid-19-Pandemie gefallenen Ölpreise und die ausbleibenden Pilgerscharen in Mekka und Medina belasten die saudi-arabische Wirtschaft jedoch nicht unerheblich. Das Regierungsprogramm „Vision 2030“ sieht vor, die wirtschaftliche Abhängigkeit Saudi-Arabiens vom Erdöl zu verringern, die Erwerbstätigkeit von Frauen sowie junger Menschen zu fördern und die Infrastruktur auszubauen. 

 

 

Der Wüstenstaat

 

 

Saudi-Arabien nimmt den größten Teil der Arabischen Halbinsel ein und besteht größtenteils aus Hochland mit Sandwüste und Vulkangestein. Das Klima ist heiß und trocken – vor allem im Landesinnern sind die Temperaturschwankungen groß: Während es im Sommer tagsüber bis zu 50 Grad heiß wird, fallen die Temperaturen im Winter unter den Gefrierpunkt. 

Vegetation und Artenvielfalt sind naturgemäß spärlich – die in der saudischen Wüste beheimatete Oryxantilope wurde durch Jagd ausgerottet. Auch andere Tiere, wie der Gepard und der Strauß sind mittlerweile ausgestorben. 

Natürliche Seen und Flüsse besitzt Saudi-Arabien nicht. Dank seiner finanziellen Ressourcen konnte das Land bislang der zunehmenden Trinkwasserknappheit trotzen – das Entsalzen des Meerwassers verbraucht jedoch viel Energie.

Ein Problem sind die Ölverschmutzungen der Küsten am Persischen Golf und am Roten Meer. 

Die neue Wirtschaftspolitik sieht vor, die Abhängigkeit Saudi-Arabiens vom Erdöl zu verringern. Gefördert werden daher auch gezielt erneuerbare Energien. Mindestens die Hälfte der Energie soll bis 2030 aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden, davon ein Viertel aus Solarenergie.

 

Ein Drittel sind Gastarbeiter*innen

 

Fast ein Drittel der rund 33 Millionen Einwohner*innen Saudi-Arabiens wurden im Ausland geboren. In den letzten 70 Jahren hat sich die Bevölkerung fast verzehnfacht. Die Saudis sind hauptsächlich in den Städten und in den wenigen Oasen zu Hause – ein Großteil des Landes ist nahezu unbewohnt. 

Die Bevölkerung profitiert von großzügigen Sozialleistungen – allerdings stehen diese nur saudi-arabischen Staatsangehörigen zu, nicht den im Land lebenden Ausländer*innen. Die rund 11 Millionen Gastarbeiter*innen ersetzten ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die afrikanischen Sklaven – erst 1963 wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft. 

Die Arbeitsmigranten kommen meist aus dem asiatischen und afrikanischen Raum und sind – aufgrund der rigiden Einschränkungen, denen Frauen sich unterwerfen müssten – meist männlich. Während die Migrant*innen aus Europa oder den USA in gut ausgestatten Siedlungen leben, sind die Lebensbedingungen der Einwanderer aus Asien und Afrika viel schlechter. Sie verdienen oft wenig Geld, leben unter unzumutbaren Bedingungen in Containern und müssen die Arbeiten verrichten, die die Saudis nicht ausführen wollen. 

Auch wenn Saudi-Arabien mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten aufwarten kann - den modernen Wolkenkratzern in Riad (Kingdom Centre und Al Faisaliyah), den antiken Stätten wie der 2000 Jahre alte Felsengräberstätte Mada´in Salih, dem Ruinenviertel von Diriyya oder der Altstadt von Dschidda, wurden Reisende – abseits des Pilgertums und abseits von Arbeitsvisa – lange Zeit nicht ins Land gelassen. Westliche Arbeitsmigrant*innen aus Europa oder den USA leben in abgeschotteten und gut bewachten Siedlungen – sogenannten Compounds – Begegnungen zwischen verschiedenen Kulturen finden daher kaum statt. 

 

Der Islam regiert den Alltag

 

Der Islam ist Staatsreligion in Saudi-Arabien, zwei der drei wichtigsten religiösen Stätten des Islam, die Kabaa in Mekka und die Moschee von Medina, liegen innerhalb der Landesgrenzen. Die saudischen Muslime sind mehrheitlich Sunniten, die schiitische Minderheit wird zwar geduldet  - immer wieder kommt es jedoch zu Spannungen. Andere Religionen als der Islam dürfen öffentlich nicht ausgeübt werden – auch nicht von den Gastarbeiter*innen im Land. Wer vom Islam abfällt, muss mit der Todesstrafe rechnen. Der Mufti ist der oberste geistige Gelehrte Saudi-Arabiens; Geistliche werden mit dem Titel „Scheich“ oder „Alim“ angeredet. 

Gemäß der Verfassung hat der König die Pflicht „die Einheit der Nation zu erstreben, Zwietracht, Aufruhr und Spaltung fernzuhalten“. Kritische Meinungsäußerungen (dazu gehören auch Gewerkschaften und Streiks) und von der religiöse Norm abweichende Lebensformen, beispielsweise Homosexualität, sind verboten. Vergehen können durch qualvolle Strafen wie Amputation, Steinigung, Auspeitschen oder mit dem Tod bestraft werden; auch die Proteste im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 und 2012 wurden gewaltsam niedergeschlagen. Saudi-Arabien gilt nicht nur finanziell, sondern auch ideologisch des neofundamentalistischen Islam, wie er beispielsweise durch den IS vertreten wird. 

Die Geltung der Scharia ist in der Verfassung verankert; sie wird besonders konservativ ausgelegt. Der Islam prägt alle Bereiche der Kultur und des gesellschaftlichen Zusammenlebens. In Saudi-Arabien gilt die islamische Zeitrechnung. Bis 2013 galten Donnerstag und Freitag als wochenendliche Ruhetage, seither sind es Freitag und Samstag. 

Kino und Theater waren lange Zeit verboten und sind erst seit 2018 wieder zugelassen. 

Das Mittagessen ist die wichtigste Mahlzeit in Saudi-Arabien. Wichtiger Bestandteil der arabischen Küche sind Kichererbsen und Linsen. Letztere werden oft mit Reis oder Bulgur angereicht; Kichererbsen zu Brei (Hummus) verarbeitet. Typische Gerichte sind Lammspieße, Falaffel und Taboulé, ein Salat aus Bulgur. Dazu wird meist Pita-Brot gereicht. Getrunken wird dazu stark gesüßter Tee. 

Die besten Falaffel im Nordend (und vermutlich in ganz Frankfurt) bekommt ihr im „Aroma“ am Adlerflychtplatz. Die arabische Küche könnt ihr außerdem im Aymo in der Friedberger Landstraße probieren. Arabische Lebensmittel erhaltet ihr bei Zerouali im Bahnhofsviertel. In Frankfurt leben 132 Menschen mit saudi-arabischem Pass.

 

 

Aufbruch der Frauen

 

Die Rechte der Frauen waren lange Zeit stark eingeschränkt und werden erst in jüngster Zeit schrittweise gelockert: Bis 2018 mussten sie In der Öffentlichkeit bodenlange Gewänder (die sogenannte Abaya) und Kopftücher (Hidschab) tragen; immer noch sind sie gehalten, sich zurückhaltend zu kleiden. Dies gilt auch für nicht muslimische Ausländer*innen. Die Einhaltung der Kleidungsvorschriften wird durch die Sittenpolizei kontrolliert; Frauen, die hiergegen verstoßen, müssen zudem mit Belästigungen rechnen. Sogar im Notfall wird eine Frau vor dem Transport ins Krankenhaus zunächst verhüllt. Im März 2002 starben in Mekka 15 Mädchen in einer brennenden Schule, weil sie das Gebäude unverschleiert nicht verlassen durften. Vor allem in der Hauptstadt Riad tragen viele Frauen die Vollverschleierung, den Niqab.

Frauen unterliegen der Vormundschaft eines männlichen Verwandten. Sie sind nicht geschäftsfähig – für alle Verträge brauchen sie die Zustimmung eines männlichen Vormundes. Verstößt die Frau gegen eine Regel oder ein Gesetz, muss sich der Vormund vor Gericht verantworten. Bis 2015 hatten Frauen kein aktives und passives Wahlrecht; bis 2018 durften sie nicht Auto fahren. Noch bis vor zwei Jahren durften Frauen ihren Personal- oder Reisepass nur mit Zustimmung des Vormunds erneuern und damit auch nicht eigenständig das Land verlassen. Erst seit August 2019 genießen Frauen Reisefreiheit. Und erst seit diesem Jahr dürfen Frauen allein eine Wohnung beziehen. 

Erst seit 1966 dürfen Mädchen eine Schule besuchen; heute gilt die neunjährige Schulpflicht auch für sie. Erst in letzter Zeit hat sich auch die Arbeitswelt für Frauen geöffnet, dürfen Frauen viele Berufe ausüben und auch ohne Zustimmung ihres Vormunds ein Studium oder eine Arbeit aufnehmen. Allerdings müssen die Geschlechter am Arbeitsplatz strikt getrennt werden; Vorlesungen männlicher Dozenten dürfen Frauen lediglich am Bildschirm verfolgen. Auch in der Freizeit dürfen sich  (unverheiratete und nicht verwandte) Männer und Frauen nicht zusammen in der Öffentlichkeit sehen lassen. Busse, Einkaufszentren oder Restaurants sind daher oft nach Geschlechtern getrennt. 

Eine Heirat setzt die Zahlung einer Brautgabe vom Mann an die Frau voraus. Alle heiratswilligen Paare müssen sich einem Gentest unterziehen, um Gefährdungen des Nachwuchses auszuschließen. Polygamie ist erlaubt; ein Mann darf bis zu vier Frauen heiraten. Für Frauen ist dies nur dann ein Scheidungsgrund, wenn es im Ehevertrag so festgelegt wurde. Kinder verbleiben nach der Trennung grundsätzlich beim Vater; der Vater ist zur Unterhaltszahlung an die Frau verpflichtet. Dennoch ist die Scheidungsrate relativ hoch – fast die Hälfte aller Ehen scheitern. 

 

Zum Weiterlesen:

Susanne Koelbl, Zwölf Wochen in Riad – Saudi-Arabien zwischen Diktatur und Aufbruch. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. ISBN 978-3421047861. Die Journalistin durfte ein Vierteljahr durch Saudi-Arabien reisen und erzählt vom dortigen Wandel

 

Zum Weiterschauen

Die perfekte Kandidatin (2019) erzählt von der jungen saudischen Ärztin Maryam, die politisch aktiv wird. Erhältlich auf DVD und Blue-Ray

Das Mädchen Wadjda (2012) erzählt vom Kampf eines kleinen Mädchens gegen alltägliche Restriktionen. Erhältlich auf DVD und Blue-Ray.

 

In Frankfurt:

Aroma: Adlerflychtplatz, Frankfurt-Nordend

Aymo: Friedberger Landstr. 116, Frankfurt-Nordend

Zerouali, Elbestr. 11, Frankfurt-Bahnhofsviertel



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