Diversity Diary: Ein besonderer Tag

27. April: Kongingsdag in den Niederlanden

 

Bis 2013 feierten die Niederländer*innen ihren Nationalfeiertag nicht am 27., sondern erst am 30. April. Anders als in vielen anderen Ländern liegt dem Nationalfeiertag in den Niederlanden nämlich kein historisches Ereignis zugrunde – es handelt sich um den Kongingsdag, den Geburtstag des Königs. 2013 folgte der jetzige König Willem-Alexander seiner Mutter Beatrix auf den Thron, damit änderte sich nicht nur der Name des Feiertages, der zuvor folgerichtig „Koniginnedag“ hieß, sondern auch das Datum. Bei der Thronbesteigung von Beatrix wurde dabei ein bisschen „gemogelt“, denn die ehemalige Königin hat eigentlich Ende Januar Geburtstag. Da die Niederländer*innen ihren Koningsdag jedoch traditionsgemäß mit Paraden, Konzerten, Festen und Flohmärkten im Freien begehen, beließ man 1980 den „Koniginnedag“ einfach am Geburtstag der bisherigen Regentin Juliana.  Ein langes Wochenende war damit übrigens nicht verbunden, denn der 01. Mai ist in den Niederlanden, anders als in Deutschland, kein Feiertag. Generell sind Feiertage nur dann auch arbeitsfrei, wenn dies in Arbeits- und Tarifverträgen so geregelt ist. 

Den Nationalfeiertag verbringen König Willem-Alexander und seine Familie stets in einer der 12 Provinzen des Landes. Diese Provinzen fungieren ähnlich wie unsere Bundesländer – sie haben jeweils ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Die Niederlande umfassen außer diesen Provinzen auch einige Inselgruppen in der Karibik. 

Auch wenn der König formal das Staatsoberhaupt ist, liegt die politische Verantwortung beim Parlament und den Ministerien. Ähnlich wie bei uns gliedert sich die Legislative in zwei Kammern: Die Erste Kammer umfasst Vertreter*innen der Provinzen, entspricht also unserem Bundesrat, die Zweite Kammer ist mit unserem Bundestag vergleichbar. 13 Parteien sind hier vertreten, darunter die grüne Partei Groenlinks, die 1990 durch Fusion von vier Parteien entstand und derzeit acht Sitze innehat. Die Regierungskoalition bilden aktuell die rechtsliberale VVD, der christdemokratische CDA, die linksliberale D66 und die prostestantische ChristenUnie unter Ministerpräsident Mark Rutte. Sitz des Parlamentes ist übrigens nicht die Hauptstadt Amsterdam, sondern Den Haag. 

Den Haag ist auch Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des Internationalen Strafgerichtshofs und Europol. 

Der Name „Niederlande“ entstand in der Zeit, als das Land auch noch Teile des heutigen Frankreichs umfasste. Burgund waren die „oberen Lande“, Luxemburg, Flandern, Brabant und Holland die „niederen Lande“. Burgund fiel im 15. Jahrhundert an Frankreich, 1830 erklärten sich die südlichen Provinzen unter dem Namen „Belgien“ für unabhängig. Die umgangssprachliche Bezeichnung „Holland“ erfasst geographisch korrekt nur einen Teil des Landes. Im 17. Jahrhundert waren die Niederlande die größte Handelsmacht der Welt; der Rotterdamer Hafen ist auch heute noch der größte Hafen Europas. Viele Niederländer*innen wanderten damals auch in die USA aus: Die neugegründete Stadt an der amerikanischen Ostküste erhielt daher den Namen „New Amsterdam“ und wurde erst später in „New York“ umbenannt. 

Rund 17 Millionen Einwohner*innen haben die Niederlande heute – mit 510 Einwohner*innen pro Quadratkilometer gehört das Land zu den am dichtest besiedelten Flächenstaaten der Welt. Kein Wunder, dass die Niederländer*innen versuchen, dem Meer weiteres Land abzugewinnen: Ein Großteil der Provinz Flevoland entstand durch die sogenannten „Polder“. 

Dass das Land insgesamt flach ist, trägt dazu bei, dass das Fahrrad als Verkehrs- und Fortbewegungsmittel nicht nur in Amsterdam äußerst beliebt ist. Überall sind Radwege gut ausgebaut oder den Radfahrer*innen werden eigene abgetrennte Spuren eingerichtet. Anders als hierzulande von Skeptiker*innen befürchtet führen die vielen Radfahrer*innen nicht zu mehr Unfällen – im Gegenteil: Mit nur 37 Verkehrstoten auf eine Million Einwohner*innen gilt der Straßenverkehr der Niederlande als einer der sichersten in Europa. 

Fahrradfahren, die ursprünglich aus der Mongolei stammenden Tulpen, der Goudakäse und die „Klompen“, die Pantoffeln aus Holz, gelten als typisch für die Niederlande. Typisch ist aber auch das kopje koffiee, die Kaffeestunde zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr morgens, die das Pendant zur englischen Tea-Time bildet. Tourist*innen schätzen die Segelgebiete an der Nordseeküste, besuchen aber auch die Parlamentsgebäude in Den Haag, den Hafen von Rotterdam, das Anne-Frank-Haus oder das Rijksmuseum in Amsterdam. Letzteres zeigt Werke vieler bedeutender niederländischer Künstler*innen, zu denen beispielsweise Vincent van Gogh, Rembrandt van Rijn, Piet Mondrian und Jan Vermeer gehören. Touristische Anziehungspunkte sind auch der Käsemarkt von Alkmaar und der Karneval von Maastricht. Pannekoken, Poffertjes, Matjes, Frieten (Pommes mit verschiedenen Soßen) und frittierte Fleischrollen gehören zur niederländischen Küche. 

1652 Niederländer*innen sind in Frankfurt zu Hause. Mit dem ICE erreicht ihr Amsterdam von Frankfurt aus in knapp vier Stunden – um ein Stückchen „Holland“ zu erleben, müsst ihr euch aber nicht unbedingt in den Zug setzen. Das niederländische Traditionskaufhaus HEMA hat vor einiger Zeit auch eine Filiale auf der Zeil eröffnet und bietet dort landestypische Produkte an. Und nach der großen Van-Gogh-Ausstellung 2019 widmet sich das Städel in diesem Jahr den Werken von Rembrandt.

 

Zum Weiterlesen: J.J. Voskuil: Das Büro (6 Bände), Verbrecher Verlag Berlin 2016 erzählt über mehrere Jahrzehnte die Geschichte eines Beamten in einem volkskundlichen Büro

Zum Weiterschauen: Tulpenfieber (2017), erzählt von der Blütezeit der Niederlande im 17. Jahrhundert (streambar bei Amazon Prime)

Zum Erleben:

Kaufhaus HEMA auf der Zeil (holländisches Traditionskaufhaus)

„Nennt mich Rembrandt!“ vom 06.10.2021 bis 30.01.2022 im Städel

 

27. April: „Freedom Day“ in Südafrika

 

Der 27. April wird in Südafrika als „Freedom Day“ gefeiert: Am 27. April 1994 fanden im südlichsten afrikanischen Staat die ersten demokratischen Wahlen statt. Bis zu diesem Zeitpunkt war Schwarzen Menschen das Wahlrecht verwehrt, es herrschten die strengen Grundsätze der Apartheid, der getrennten gesellschaftlichen Entwicklung. Seit die Nasionale Party der Afrikaans sprechenden Europäischstämmigen 1948 die Wahl gewonnen hatten, blieben Schwarze Menschen und die Nachfahren der europäischen Einwander*innen in allen Lebensbereichen voneinander getrennt. Erst 1990 gelang es den Gegnern dieser Staatspolitik, darunter Nelson Mandela, sich durchzusetzen. 1994 wurde Mandela zum ersten Schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt. Die Folgen der Apartheid sind jedoch bis heute spürbar: Während die zumeist hellhäutigen Einwohner*innen in luxuriösen, abgeriegelten und streng bewachten Anwesen leben (den sogenannten „Gated Communities“) herrscht in den Schwarzen Wohnvierteln, den „Townships“ bittere Armut und hohe Kriminalität. Immer noch werden Schwarze Arbeitnehmer*innen in vielen Betrieben schlechter bezahlt als ihre weißen Kolleg*innen. 

Als einziges afrikanisches Land gehört Südafrika zu den G20 und ist zudem Gründungsmitglied der UN. Neben der Verkehrssprache Englisch ist Afrikaans offizielle Amtssprache, daneben neun Bantu-Sprachen. 

Ähnlich wie in den Niederlanden konzentriert sich auch in Südafrika das offizielle Geschehen nicht auf eine einzige Stadt: Pretoria ist Regierungssitz, das Parlament sitzt in Kapstadt und in Bloemfontain tagt das Oberste Berufungsgericht. Alle drei Städte stehen im Rang einer Hauptstadt. 

Mit den Niederlanden teilt Südafrika auch die Begeisterung für den Fußball – 2010 war das Land Gastgeberin der Fußball-WM. Das extra erbaute Stadion ist heute eine architektonische Sehenswürdigkeit. Tourist*innen zieht es aber auch auf den Tafelberg, das Kap der Guten Hoffnung, den Kruger-Nationalpark und an die Sandstrände von Durban. Besonders bekannt ist Südafrika für seine exquisiten Weingebiete (Stellenbosch, Franschhoek, Paarl).

In Frankfurt leben 136 Menschen mit südafrikanischer Staatsangehörigkeit. Wenn ihr die südafrikanische Küche, zu der vor allem gegrilltes Fleisch, Boerewors (scharfe, grobe Würste) und Maisbrei gehören, probieren wollt, habt ihr im „Zanzi Afrika“ in Bornheim, das auch südafrikanische Gerichte anbietet, Gelegenheit. Oder ihr macht nach der Pandemie mal einen Ausflug nach Groß-Umstadt und besucht das „Farmerhaus“.

 

Zum Weiterlesen:

Nadine Gordimer, Niemand, der mit mir geht. Piper Edition, 2018

J.M. Coetzee, Schande, Fischer Taschenbuch 2001, ISBN 978-3596150984

Zum Weiterschauen:

Mandela – Der lange Weg zur Freiheit (2013), streambar bei Amazon Prime

Zum Erleben

Zazi Afrika, Im Prüfling 42, Frankfurt Bornheim

Farmerhaus, Am Farmerhaus 1, Groß-Umstadt

 

27. April: Unabhängigkeitstag in Togo

 

Am Golf von Guinea, zwischen Ghana, Benin und Burkina Faso liegt Togo. Am 27. April 1960 erlangte der Staat die Unabhängigkeit von Frankreich. Nur rund 57.000 Quadratkilometer groß, gehört Togo zu den kleinsten Staaten Afrikas. Schmal und langgestreckt ist das Land, stellenweise beträgt der Weg von der einen zur anderen Landesgrenze nur 50 Kilometer. Dementsprechend unterschiedlich sind die klimatischen Verhältnisse im Land: Im Nordend regnet es von Mai bis Oktober, im Süden teilt sich die Regenzeit von April bis Juni und von September bis November auf. Ganzjährig herrscht heißes tropisches Klima: Der kühlste Monat ist der August mit 27 Grad, im März wird es durchschnittlich bis zu 39 Grad heiß.

Die Hauptstadt Lomé liegt an der Südküste des Landes. Hier regierte bis 2005 Präsident Gnassingbé Eyadéma autokratisch. Nach dem Tod des Präsidenten wurde sein Sohn Faure vom Militär unter Missachtung der Verfassung als Nachfolger eingesetzt. Zwar ließ dieser seine Regentschaft später durch Wahlen legitimieren, die EU geht jedoch davon aus, dass es hierbei zu Wahlbetrug gekommen ist. Nach den Wahlen 2005 kam es zu Unruhen und Straßenkämpfen, auch das Goethe-Institut in Lomé wurde von Unbekannten angezündet. Auch wenn Togo formal eine Demokratie ist, sind Grundrechte wie die freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Pressefreiheit stark eingeschränkt. Homosexualität in der Öffentlichkeit steht unter Strafe. 

Der Präsident verfügt über weitreichende Befugnisse, er hat das Recht, das Amt des/der Premierminister*in zu besetzen. Seit 2020 übt mit Victoire Tomegah Dogbé erstmals eine Frau dieses Amt aus. Ansonsten sind Frauen in politischen Gremien stark unterrepräsentiert. Auch wenn das Wahlgesetz bereits seit 2013 eine paritätische Besetzung der Wahllisten vorsieht, sind von 26 Minister*innen aktuell nur sechs Frauen. Auch in der Wirtschaft bekleiden Frauen selten tragende Positionen – auch wenn 46 Prozent der Erwerbstätigen weiblich sind, dient ihre Arbeit vor allem der Unterstützung des Mannes. Viele Mädchen besuchen nur wenige Jahre eine Schule, oft werden sie vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet. 1998 wurde die Beschneidung von Mädchen verboten. 

In den letzten Jahren hat Togo einen beachtlichen Wirtschaftsaufschwung erlebt. Die damit verbundene Urbanisierung führte jedoch zu hoher Arbeitslosigkeit und Armut gerade in den Städten: 40 Prozent der Togoer*innen haben pro Tag weniger als 1,25 US-Dollar zur Verfügung. In vielen ländlichen Gegenden gibt es kein sauberes Trinkwasser, auch das Gesundheitswesen ist unzureichend. Dies führt zu einer hohen Kindersterblichkeit, gepaart mit einer geringen Lebenserwartung von nur 61 Jahren. 41 Prozent der Bevölkerung ist unter 15 Jahren alt; das Medianalter liegt bei 19,4 Jahren. 

Viele – vor allem junge Männer – wandern nach Nordamerika und Europa aus. In Frankfurt sind 162 Togoer*innen zu Hause. 

Die gesetzliche Schulpflicht beträgt sechs Jahre - erst in den letzten Jahren setzt sich zunehmend ein längerer Schulbesuch durch. Viele Kinder arbeiten in Geschäften, auf dem Feld und im Haushalt mit oder werden zum Arbeiten zu Verwandten geschickt – dies gilt als Ausdruck der Solidargemeinschaft. Ein großes Problem in Togo ist jedoch nach wie vor der Menschen – und vor allem Kinderhandel: Über 300.000 Kinder zwischen fünf und 15 Jahren wurden in Nachbarstaaten verkauft und dort als Zwangsarbeiter*innen ausgebeutet. 

Togo ist ein Vielvölkerstaat mit zahlreichen Ethnien, von denen die Ewe (rund 40 Prozent) und die Kabyie (16 Prozent) die größten sind. Insgesamt 39 lebende Sprachen werden in Togo gesprochen, auch wenn die Amtssprache nach wie vor französisch ist. 

Die Mehrzahl der Togoer*innen bekennt sich zu traditionellen afrikanischen Religionen (Ga, Yoruba und Voodoo). 26 Prozent gehören dem Christentum an, etwa ein Fünftel dem Islam.

Aufgrund der vielen Ethnien und religiösen Einflüsse gibt es keine einheitliche togoische Kultur. Ein wichtiges Fest ist Erntedank, der vielerorts mit Volksfesten gefeiert wird. Vor allem im Süden spielen Beerdigungen eine große Rolle; sie sind oft mit mehrtägigen Zeremonien verbunden. 

Einen Eindruck von der Lebenswelt der Naturvölker erhält man als Besucher*in auf dem Markt von Lomé oder an den Voodoo-Grabstädten in Togoville. Eine touristische Sehenswürdigkeit sind auch die Turmbauten aus Lehm in Kautammakou, die 2004 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurden. 

Nationalsport ist der Ringkampf (der auch in Stammesriten eine große Rolle spielt), großer Beliebtheit erfreut sich aber auch das Fußballspiel. Ein beliebtes Gesellschaftsspiel ist Awalé, bei dem die Spieler*innen Spielsteine in Holzmulden legen. Die togoische Küche ist einfach: Nationalgerichte sind Fufu, ein Püree aus Jams und Paté oder Akoumé, ein Maisbrei. Im Süden trinkt man dazu Palmwein, im Norden zieht man Hirsebier vor.

 

Zum Weiterlesen:

Fauziya Kassindja, Niemand sieht dich, wenn du weinst, Goldmann Verlag 2000, ISBN 978-3442150847, erzählt die wahre Geschichte einer Frau, die gegen die Beschneidung kämpft

Kangni Alem, Coca Cola Jazz, Peter Hammer Verlag 2004, ISBN 978-3779500018 

 



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