Diversity Diary: Eierlegende Hasen und fliegende Glocken

Historisch gesehen fällt Ostern eigentlich mit dem jüdischen Pessachfest zusammen, denn Pessach war der Grund, dass Jesus nach Jerusalem kam, wo er - von Judas verraten - ans Kreuz genagelt wurde. Noch heute leitet sich der Begriff für das Osterfest in vielen Sprachen vom jüdischen „Pessach“ ab – die englische und die deutsche Sprache bilden hierbei eine Ausnahme: „Ostern“ bzw. „Easter“ stammt aus dem Altgermanischen  - „austro“ bedeutet so viel wie „Morgenröte“. 

Später legte die katholische Kirche als Zeitpunkt des Osterfestes den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond fest. Aber auch hier gibt es kuriose Ausnahmen: So feierten wir 2019 beispielweise das Osterfest erst am 19. April, obwohl am 21. März bereits der Vollmond schien. Denn der Frühlingsbeginn richtet sich für die Kirche nicht nach dem tatsächlichen Eintritt der Tag- und Nachtgleiche (die ja auch auf den 20. März fallen kann), sondern ist fest auf den 21. datiert. Und gleichzeitig richtet sich auch der Zeitpunkt des Vollmonds – unabhängig vom tatsächlichen Erscheinungsbild des Mondes – nach einem festen Zyklus. Beides traf 2019 zusammen, so dass für die Kirche der Vollmond bereits am 20. März schien, der Frühling aber erst am 21. März begann. Auf alle Fälle liegt das Osterfest aber immer zwischen dem 22. März und dem 25. April.

In vielen westlichen Ländern freuen wir uns auf ein langes Wochenende von Karfreitag bis Ostermontag. Dass wir vier Tage am Stück frei haben, war aber nicht immer so. Noch bis 1771 war der Karfreitag ein normaler Werktag, in Österreich, Luxemburg und Italien ist er bis heute kein gesetzlicher Feiertag. Dafür gab es bis ins Mittelalter hinein sogar einen „Osterdienstag“. Nur in Mexiko dauern die Osterfeierlichkeiten auch heute noch zwei Wochen lang.

Ostern ist der höchste Feiertag der christlichen Kirche. Die Karwoche (von „kara“ = trauern, klagen) beginnt bereits am Sonntag vor Ostern, dem sogenannten „Palmsonntag“. In vielen Gegenden gibt es an diesem Tag Prozessionen in Erinnerung an den Einzug Jesu Christi in Jerusalem. Auch wenn am Gründonnerstag (wie auch am Karfreitag) die Grüne Soße im Frankfurter Raum häufig auf den Tisch kommt – der Name leitet sich nicht von der Farbe ab, sondern  von „greinen“ (ebenfalls trauern oder klagen), denn der Überlieferung nach war Jesus bewusst, welches Schicksal ihn am nächsten Tag erwarten würde. 

Der Karfreitag wird in Deutschland als sogenannter „stiller Tag“ begangen: Alle Geschäfte müssen am Gründonnerstag bereits um 20.00 Uhr schließen, alle Unterhaltungs- und Vergnügungsveranstaltungen am Karfreitag unterbleiben. Auch die Fahrgeschäfte auf der Frühjahrsdippemess stehen an diesem Tag still. Für viel Diskussionsstoff sorgt  - außerhalb der Coronazeit – regelmäßig das „Tanzverbot“ in der Nacht zum Freitag. Vor allem in Südeuropa wird der Karfreitag mit Prozessionen begangen. In Spanien ziehen Verhüllte mit Henkersmützen durch die Straßen und verschenken Süßes an die Kinder. 

In der katholischen Kirche gilt der Karfreitag als Fastentag, an dem kein Fleisch verzehrt werden darf. Auch viele evangelische Christ*innen ernähren sich an diesem Tag fleischlos. Am strengsten sind die Fastenregeln in der orthodoxen Kirche: Hier soll nach Möglichkeit überhaupt nicht gegessen werden.  In vielen Gemeinden schweigen die Kirchenglocken in der Zeit von Karfreitag bis Ostersonntag. Frankfurt bildet hier eine Ausnahme: Am Karsamstag ertönt ab 16.30 Uhr das Große Stadtgeläut  - trotz Corona ist es auch in diesem Jahr geplant. In Frankreich und Österreich erzählt man den Kindern, dass die Glocken in dieser Zeit nach Rom fliegen. Ostereier und Süßigkeiten bringt dort nicht der Osterhase, sondern die am Ostersonntag zurückkehrenden Glocken. 

Mit vielen Bräuchen und Ritualen wird am Ostersonntag die Auferstehung Christi gefeiert. Über 100.000 Menschen erwarten -  in normalen Zeiten – den Segen Urbi et Orbi des Papstes. Über die 5th Avenue in New York zieht die farbenprächtige Easter Parade. Kinder in Deutschland und den Niederlanden suchen nach den vom Osterhasen versteckten bunten Eiern, die – ausgeblasen – auch als Schmuck für Zweige und Sträucher dienen. Beliebt sind in vielen Gegenden Wettspiele, bei denen Eier gerollt oder aneinandergeschlagen werden müssen. Am bekanntesten ist das „Eierrollen“ im Weißen Haus, bei dem jede*r Teilnehmende ein vom Präsidenten handsigniertes Holzei erhält. 

Das Bemalen von Eiern ist übrigens viel älter als die christliche Tradition – bereits vor 60.000 Jahren dienten verzierte Eier als Grabbeigabe. In Schweden, Bulgarien, Russland und Serbien werden die Eier rot gefärbt  - die Farbe steht symbolisch für das neue Leben durch das Opfer Christi. 

Zahlreiche Osterbräuche haben mit dem christlichen Hintergrund nichts zu tun, sondern erinnern an Traditionen, die wir auch aus anderen Kulturen zum Frühjahrsbeginn oder Neujahr kennen. In Finnland ziehen die Kinder mit Tröten und Trommeln durch die Straßen, in Schweden verkleiden sie sich als „Osterhexen“ und betteln im Austausch gegen selbstgemalte Bildchen um Süßigkeiten. Ostern wird hier wie auch in Griechenland mit Feuerwerk und Knallerei gefeiert. Um ihren Liebsten zu erobern, holen Schwedinnen nachts das „Osterwasser“ von einer Quelle, um den Auserwählten zu besprengen. In Osteuropa werden umgekehrt die Frauen am Ostermontag mit Wasser oder Parfüm begossen, um ihre Gesundheit und Schönheit zu erhalten. Und in Australien verheißt Wasser, das verliebte Paare zu Ostern schöpfen und mit dem sie sich vor dem Gang zum Traualtar bespritzen, Glück in der Ehe. 

Auch der Osterhase hat -  im Gegensatz zum Osterlamm, das an das geschlachtete Lamm zu Pessach erinnert – keinen religiösen Ursprung: Die Geschichte vom Hasen, der die bunten Ostereier legt und versteckt, kam im 17. Jahrhundert auf. Ähnlich wie der Weihnachtsmann wurde der Osterhase in der Moderne zum Symbol des kommerzialisierten Osterfestes. 



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