Diversity Diary: Tea Time in 100 Sprachen

26. Januar: Australia Day

 

Am 26. Januar 1788 legte ein britisches Segelschiff in der Sydney Cove an. An Bord befanden sich britische Strafgefangene, die ins Exil geschickt wurden. Es war der Beginn der britischen Besiedelung Australiens. Bis dahin hatten die Aboriginies – die Ureinwohner*innen – in Gruppen von 100 bis 1500 Personen verteilt über den Kontinent gelebt. Jede Gruppe hatte ihre eigene Sprache, schätzungsweise existierten 500 bis 600 Sprachen. 

Über 200 Jahre später sind es nur noch hundert. Eine offizielle Amtssprache gibt es in Australien nicht, faktisch führt jedoch am Englischen kein Weg vorbei. 

25,3 Millionen Menschen leben heute in Australien – sie verteilen sich auf mehr als 7,6 Millionen Quadratkilometer des australischen Kontinents, der Insel Tasmanien und weiterer Inselgruppen im Pazifik. Politisch ist Australien eine föderale parlamentarische Monarchie mit der englischen Queen als Staatsoberhaupt. Wie in Deutschland gibt es in jedem der sechs Bundesstaaten ein Parlament, dazu eines auf nationaler Ebene. Die größten Parteien sind Liberal Party, Labor Party und National Party, aber auch „The Greens“ sind im australischen Parlament vertreten. Ein großer Unterschied liegt in der Wahlbeteiligung: Während Menschen hierzulande ein Wahlrecht haben, sind in Australien alle über 18-jährigen verpflichtet, sich an den Wahlen der Länder- und des Bundesparlamentes zu beteiligen. Die Frage nach der Hauptstadt Australiens ist eine beliebte Quizfrage  - denn nicht etwa Sydney oder Melbourne können diesen Titel für sich beanspruchen – sie konnten sich seinerzeit nicht einigen und so wurde das mit rund 350.000 Einwohner*innen relativ kleine Canberra zur Hauptstadt erklärt. Auch wenn die offizielle Nationalhymne seit 1977 „Advanced Australia Fair“ ist, gilt für viele Australier*innen das Lied „Waltzing Matilda“ als heimliche Nationalhymne. Das bekannte Volkslied wird angestimmt – bei Rugby- oder Australien-Football-Spielen ebenso wie beim (Weihnachts-Barbecue am Bondi-Beach. 

92 Prozent der heutigen Australier*innen sind europäischer Abstammung, nur noch sieben Prozent gehören den Aboriginies an. Bis 1972 wurden Aboriginie-Kinder ihren Familien weggenommen und von Europäer*innen zwangsadoptiert. Erst 1962 erhielten Aboriginies die Möglichkeit, sich an den Wahlen zu beteiligen. Seit 1976 werden ihnen Stammesterritorien zurückgegeben, darunter der Ayers Rock. Dennoch sind Aboriginies auch heute noch Diskriminierung ausgesetzt, viele von ihnen leben in Armut. 

Wer nach Australien einwandern will, muss einige Hürden überwinden: Ähnlich wie in Kanada werden Migrant*innen nach einem strengen Punktesystem ausgewählt. In seiner Asylpolitik setzt Australien auf Abschreckung – die zumeist mit dem Boot Ankommenden müssen in primitiven Lagern ausharren. Die Serie „Stateless“, die auf Netflix abrufbar ist, greift dieses Thema auf. 

Neben der Asyl- und Integrationspolitik ist der Klimawandel ein zentrales Thema in Australien. Die schrecklichen Bilder der brennenden Wälder gingen 2019 um die Welt. Vier Millionen Hektar Wald standen damals in Flammen – ein Gebiet so groß wie die Schweiz. Dennoch hat es die australische Regierung nicht eilig, CO2-Emissionen zu beschränken und räumt der Kohle- und Bergbauindustrie Priorität ein. 

Auch wenn die Zahl der Frankfurter*innen mit australischer Staatsbürgerschaft mit knapp 300 relativ überschaubar ist, könnt ihr australische Kultur an einigen Ecken in der Stadt erleben. Regelmäßig treffen sich Australien-Fans zum Stammtisch, um sich über „Down Under“ auszutauschen. Im Australien Shop in der Berliner Straße 33 könnt ihr typisch australische Produkte erwerben. Und natürlich findet ihr auch am Main die australische Küche, zum Beispiel im „Kakadus“ in der Kaiserstraße.

 

Zum Weiterlesen: Bruce Chatwin, Traumpfade, Fischer Taschenbuch 1992, ISBN: 978-3596103645

Zum Weiterschauen: „Stateless“ – 6-teilige Serie auf Netflix abrufbar

Zum Entdecken: 

Australien-Stammtisch: www.australien-stammtisch.de

Australien-Shop:  www.australien-shop-frankfurt.de;

Restaurant Kakadus: https://pages.resmio.com/kakadus-australian-cafe-bar-diner/de

 

26. Januar: Tag der Republik in Indien

 

Auch für Indien ist der 26. Januar ein wichtiges Datum: Mit einer großen Parade wird in Delhi jährlich der Tag gefeiert, an dem 1950 die Verfassung in Kraft trat, die Indien zur Republik machte. Drei Jahre zuvor hatte das Land seine Unabhängigkeit von Großbritannien erklärt. Heute ist „Bharat Ganarajya“, wie die Indische Republik auf Hindi heißt, eine parlamentarische Demokratie mit einem von den Bürger*innen gewählten Unterhaus und einem Oberhaus, in dem wie in unserem Bundesrat die 28 Bundesstaaten repräsentiert werden. Aktuelles Staatsoberhaupt ist Präsident Ram Nath Kovind; der Regierung steht Premierminister Narendra Modi vor; Regierungssitz ist die Hauptstadt Neu-Delhi. Die Zahl der Parteien in Indien ist riesig- manche sind lediglich in einem oder mehreren Bundesstaaten aktiv, andere sind nationalweit tätig. Die größten Parteien sind die sozialliberale Kongresspartei und die rechtskonservative Bharatiya Janata Party (BJP), die auch den amtierenden Premierminister stellt. Umweltthemen finden sich zwar in den Wahlprogrammen der großen Partien, werden jedoch nicht durch eine grüne Partei repräsentiert. Das erklärt, warum Indien zwar eine umfangreiche Umweltschutzgesetzgebung hat; diese jedoch nur mangelhaft umgesetzt wird. 2015 war Indien das Land mit der drittgrößten Treibhausemission – vor allem in den Metropolen ist die Luftverschmutzung hoch. Zwar gibt es rund 600 Naturschutzgebiete – sie nehmen knapp 5 Prozent der Landesfläche ein – allerdings leiden Tiere und Pflanzen unter der Wasserknappheit. 

Beide großen Parteien befürworten zudem das Kastensystem. Nach hinduistischer Tradition gehört ein Mensch von Geburt an lebenslang einer sozialen Gruppe, der sogenannten Kaste, an. Die Kasten sind hierarchisch gegliedert, an der Spitze stehen die „Brahmanen“, dann folgen die Kshatriyas, die Vaishyas und die Shudras. Mehr als 240 Millionen Inder*innen (16,6 Prozent der Bevölkerung) sind Dalits, sogenannte „Unberührbare“. Auch wenn die Verfassung ihre Gleichstellung festschreibt und ihnen per Quotenregelung die Hälfte der Plätze an Universitäten, Berufsschulen und Parlamenten vorbehalten ist, sind Angehörige der Dalits und der indigenen Stammesbevölkerung im Alltag nach wie vor Diskriminierung ausgesetzt. Auch Frauen sind in der Praxis alles andere als gleichberechtigt: Studien zeigen, dass sie im Beruf, im Bildungsstand, in gesundheitlicher Hinsicht und im Bereich der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe nur zwei Drittel dessen erreichen, was den Männern zukommt. Erst seit 1950 sind Frauen in Indien umfassend wahlberechtigt. Gerade in den letzten Jahren lieferten Gewalttaten gegen Frauen international erschreckende Schlagzeilen – 2018 galt Indien gar als das für Frauen gefährlichste Land der Erde. 

Die sozialen Probleme  - vor allem in den Metropolregionen – liefern den Nährboden für Gewalt und Diskriminierung. Mit fast 1,4 Milliarden Einwohner*innen ist Indien bereits heute das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde – Schätzungen zufolge wird es allerdings spätestens in vier Jahren Spitzenreiter China abgelöst haben. Allein im Großraum Mumbai leben 28 Millionen Menschen und damit mehr als in ganz Australien (siehe oben). Dementsprechend hoch sind Arbeitslosigkeit und Armut: Fast ein Drittel der Metropolbewohner*innen wohnt in Slums, 44% der Bevölkerung hat weniger als einen US-Dollar pro Tag zur Verfügung, fast jedes zweite Kind ist unterernährt. Traditionen wie die Schuldknechtschaft, wonach verschuldete Bauern nicht nur ihr Land, sondern auch ihre Dienstbarkeit an den Schuldherrn verkaufen müssen, stehen der Bekämpfung der Armut entgegen. Auf der anderen Seite steht das reichhaltige Kulturleben Indiens, das vor allem in den großen Städten gepflegt wird. Wichtigstes Medium der Alltagskultur ist der Film. Auch wenn Englisch nach wie vor Amts- und Unterrichtssprache ist (alle 15 Jahre entscheidet das Parlament darüber, ob es so bleibt), werden in Indien über 100 Sprachen mit verschiedenen Schriften gepflegt. Jede große Regionalsprache hat ihre eigene Filmindustrie. Die größte und international bekannteste ist der Hindi-Film, auch als „Bollywood“ bekannt. Indische Filme haben oft eine Länge von mehreren Stunden; Tanz und Gesangseinlagen sind unverzichtbare Elemente. Ein Stück indischer Alltagskultur ist das Yoga, das mit seinem meditativ-religiös geprägten Charakter weit über die hierzulande bekannten „Asanas“ hinausgeht. Aus der indischen Küche nicht wegzudenken sind Currys, die eine Vielzahl von vegetarischen oder Fleischgerichten in stark gewürzter Soße umfassen. 

Fast 8000 Frankfurter*innen haben einen indischen Pass – dementsprechend groß ist das Angebot, in Frankfurt indische Kultur zu entdecken: Allein im Nordend finden sich zahlreiche indische Restaurants, z.B. das Eat Doori (Oeder Weg 30), das  Little India (Glauburgstraße 6), das Lokal der Eintracht (Oeder Weg 37), Mera Masala (Sandweg 56), Curry King (Nibelungenallee 29), Taste of India (Berger Str. 14) und das Panchavati (Eckenheimer Landstr. 103). Wer Currys und Samosas lieber selbst zubereiten möchte, kann auch einen Kochkurs besuchen.  Bei einer Stadtführung besucht ihr neben dem hinduistischen Tempel in Bockenheim auch einen indischen Gewürzladen und lernt eine Mantra-Ärztin kennen.

 

Zum Weiterlesen: Indien – eine Weltmacht mit inneren Schwächen. 13 kulturpolitische Essays. Verlag Der Neue Morgen, Rudolstadt 2012, ISBN 978-3-95480-021-6

Zum Weiterschauen: „Der Weiße Tiger“ von Ramin Bahrani, abrufbar bei „Netflix“

Zum Entdecken:

-       Indische Küche: https://www.werkenntdenbesten.de/indisches-restaurant/frankfurt

-       Kochkurs: www.miomente.de

-       Stadtführung „Indische Orte in Frankfurt“: https://www.frankfurter-stadtevents.de/Themen/FFM-Inside-Secret-Places/No-problem_20011096/

 



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