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„Integration ist für uns kein Nischenthema. Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die alle betrifft und an der alle mitwirken müssen…Integration ist keine Einbahnstraße“. In wenigen Sätzen umreißt der Koalitionsvertrag hier eine Grundsatzhaltung, die vor allem Frankfurter GRÜNEN, die sich mit Integrationspolitik beschäftigten, vertraut sein dürfte. Denn fast in gleichen Worten beschrieb unsere ehemalige Integrationsdezernentin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg im Vorwort zum Integrations- und Diversitätskonzept von 2010, worauf es uns GRÜNEN in puncto Integration ankommt. Integration ist eben keine „Bringschuld“ derer, die zu uns kommen, sondern eine Aufgabe, die allen Menschen gleichermaßen obliegt und die in alle anderen politischen Bereiche hineinwirkt. Viel deutlicher als noch im Koalitionsvertrag von 2013 wird diese Haltung in den aktuellen Vereinbarungen zwischen uns GRÜNEN und der CDU formuliert.
Der etwas unübersichtliche Aufbau macht es denjenigen, die sich im neuen Koalitionsvertrag schnell zu einem bestimmten Thema informieren wollen, nicht sehr leicht. Anders noch als 2013 sind gerade die Regelungen, welche die Integrations- und Asylpolitik betreffen, nicht in einem Kapitel zusammengefasst, sondern verteilen sich über mehrere Kapitel und sind im Inhaltsverzeichnis auch nicht durch eindeutige Überschriften kenntlich. Blättern ist also angesagt – aber das lohnt sich. Nahezu alle Ideen unseres GRÜNEN Wahlprogramms haben auch Eingang in die entsprechenden Koalitionsvereinbarungen gefunden und werden in diesen teilweise noch weiterentwickelt!
So soll es künftig Deutschkurse für alle Zugewanderten geben, egal, wie lange sie voraussichtlich in Hessen bleiben können und wie lange sie schon hier sind. Das eröffnet auch den Menschen, die zwar schon Jahre oder Jahrzehnte in Deutschland leben, aber noch keinen Deutschkurs besucht haben, die Möglichkeit, sich durch die Sprache ein großes Stück gesellschaftlicher Teilhabe zu erschließen. Oft sind es Frauen, die sich um Kinder, Familie und den Haushalt kümmern und in ihren familiären Strukturen so eingebunden werden, dass sie weder die deutsche Sprache noch einen Beruf lernen, der ihnen Unabhängigkeit und ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen würde.
Bereits erfolgreich laufende Integrationsprogramme, wie das Landesprogramm WIR, das die Integration vor Ort fördert und die auf berufliche Integration gerichteten Programme „Wirtschaft integriert“ und „Sozialwirtschaft integriert“ sollen weitergeführt und ausgebaut werden. So soll WIR künftig nicht mehr nur einzelne Projekte unterstützen, sondern eine Regelförderung gewähren. Auch sollen in den Kommunen Integrationszentren entstehen. Die „3+2“-Regelung soll es Absolvent*innen einer dreijährigen Ausbildung ermöglichen, anschließend noch (mindestens) zwei Jahre in Deutschland bleiben zu können. Darüber hinaus sieht der Koalitionsvertrag vor, den Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind und sich hier eine Zukunft aufgebaut haben, die gesellschaftlich und ins Arbeitsleben integriert sind, die Möglichkeit zur Einwanderung zu geben – ein echter Spurwechsel!
Ein hessisches Integrationsgesetz soll den grundsätzlichen Rahmen für die laufenden Maßnahmen und alle Rechte und Pflichten schaffen.
Ein deutlicher Akzent wird auf die interkulturelle Öffnung von Institutionen und Verwaltung gelegt. Auch hier ist Frankfurt mit dem Zehn-Punkte-Plan, der ebenfalls unter der seinerzeit GRÜNEN Integrationsdezernentin auf den Weg gebracht wurde, in einer Vorreiterposition. Hessenweit sollen laut Koalitionsvertrag nun verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund in entsprechende Positionen eingestellt werden, soll die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter*innen gestärkt werden und Diversität als grundsätzliche Werthaltung bei allen Entscheidungen mitgedacht werden.
Erfreulich ist, dass der Koalitionsvertrag regelt, geflüchtete Menschen künftig wesentlich schneller als bisher aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zu holen und in den Kommunen unterzubringen. Das erleichtert die Integration erheblich. Der deutliche „schwarze“ Fleck dabei: Wer sich in einer Weise verhält, die „deutliche Zweifel an der Integrationswilligkeit“ erkennen lässt, also gegen Gesetze verstößt, Straftaten begeht oder in Polizeiauskunftssystemen erfasst wird, der soll künftig ohne weiteres wieder in die Erstaufnahmeeinrichtungen zurückgeführt werden können. Dies hätten wir GRÜNE uns anders gewünscht: Eine solche Maßnahme wirkt im Integrationsprozess kontraproduktiv. Zunächst ist überhaupt nicht definiert, bei welchen Verstößen sie Anwendung finden soll. Reicht es, einmal beim Schwarzfahren erwischt worden zu sein? Und wäre es für eine gelungene Integration nicht sinnvoller, vor Ort auf die „Verhaltensauffälligen“ einzuwirken, anstatt sie erneut aus einer Umgebung zu reißen, in die sie sich gerade erst eingewöhnen?
Ein weiterer tiefdunkler Punkt betrifft die Abschiebepraxis, die der Koalitionsvertrag vorsieht: Solange die Bundesregierungen Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin für möglich hält, lautet der entsprechende Passus, werden auch aus Hessen weiterhin Menschen dorthin abgeschoben – wenn auch „vorrangig“ Straftäter*innen und „Gefährder*innen“. Zwar haben sich die Abschiebungen in den letzten Jahren in der Praxis tatsächlich auf diese Personengruppen beschränkt – aber angesichts der derzeitigen Lage in Afghanistan ist jede Abschiebung dorthin eine Abschiebung zu viel, egal, wen es betrifft!
Immerhin – in der Frage der „sicheren Herkunftsstaaten“ konnten wir GRÜNE einen Kantersieg erringen: „Bei der Frage der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten haben die Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen“, heißt es im Vertrag. Diesem kurzen Satz ist es zu verdanken, dass sich Hessen im Bundesrat bei der Abstimmung zur Frage, ob die „Maghreb-Staaten“, also Tunesien, Marokko und Algerien per Bundesgesetz zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt werden sollen, enthalten wird und damit die erforderliche Mehrheit nicht erreicht werden dürfte. Die Deklaration als „sichere Herkunftsstaaten“ würde Abschiebungen in diese Länder erheblich erleichtern, ungeachtet der Tatsache, dass in allen drei Staaten auf Homosexualität Gefängnisstrafe steht, Folter an der Tagesordnung ist und auch die Todesstrafe praktiziert wird.
In der Gesamtbetrachtung bedeutet der Koalitionsvertrag damit GRÜNES Licht für Integration, Weltoffenheit und Vielfalt in den kommenden fünf Jahren!
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