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11.11.2018

Erinnern reicht nicht: 80 Jahre Reichspogromnacht

Noch wenige Jahre zuvor war das Nordend eines der Zentren jüdischen Lebens in Frankfurt gewesen, einer Stadt, in der mit rund 26.000 Menschen die größte jüdische Gemeinde Deutschlands beheimatet war. Aber auch hier waren jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger nach der Machtergreifung durch die Nazis zunehmenden Repressalien ausgesetzt.

 

So wurden sie ab 1935 zunächst dazu angehalten, später gezwungen, ihre Wohnungen in Häusern, die Nichtjuden gehörten, zu räumen und in die Häuser zu ziehen, die im Eigentum von Juden standen. Solche „Judenhäuser“ befanden sich im Nordend zum Beispiel in der Gaußstraße. Nicht nur sollten mit dieser Maßnahme „Arier“ und Juden räumlich getrennt werden – die Umsiedlungen erleichterte den Nazis auch die systematische Verfolgung der Jüdinnen und Juden. 

 

Zahlreiche jüdische Geschäfte und Einrichtungen wurden in der Reichspogromnacht vom 09. auf den 10. November zerstört. In Frankfurt brannten die Synagogen in Höchst, am Börneplatz, in Bockenheim und der Friedberger Anlage. Die Nordend-Synagoge, die sich im Hermesweg 5-7 befand, überstand die Zerstörungswelle zwar, wurde jedoch von den Nazis beschlagnahmt und zur Bezirksstelle der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ umfunktioniert. Hinter dem „harmlos“ klingenden Namen verbarg sich nichts anderes als eine Sammelstelle, von der aus Jüdinnen und Juden in KZs deportiert wurden. 12.000 Menschen jüdischen Glaubens fielen in Frankfurt den Deportationen zum Opfer.

 

Dazu kamen Menschen, die versucht hatten, sich dem Naziterror zu widersetzen. Darunter zum Beispiel der Bäcker Martin Bertram. Martin Bertram, Angehöriger der „Zeugen Jehovas“ hatte sich 1933 geweigert, seine Bäckerei in der Rohrbachstraße 58 mit dem Schild „Deutsches Geschäft“ zu versehen. Dieses Schild verbot Jüdinnen und Juden den Zutritt zu „arischen“ Geschäften. Die Nazis nahmen Martin Bertram zunächst seine Bäckerei weg und deportierten ihn 1937 schließlich ins KZ. Acht Jahre später konnte er befreit werde, kehrte nach Frankfurt zurück und führte seine alte Bäckerei weiter. 

 

Auch Sozialdemokraten und Kommunisten wurden von den Nazis systematisch verfolgt. Für politisch Andersdenkende hatte die SS in den Räumen der heutigen Klingerschule zwischen 1933 und 1937 ein Foltergefängnis eingerichtet. In der Turnhalle der Klingerschule wurden ab 1941 Gegenstände, die deportierten jüdischen Bürger*innen gehört hatten, versteigert.

 

1942 musste die jüdische Schule im Philantropin schließen. Seit 1804 hatten jüdische Kinder hier nicht allein religiöse Unterweisung, sondern vor allem weltlichen Unterricht erhalten, wozu auch die Ausbildung in einem Handwerk gehörte. Als eine der ersten Schulen überhaupt verfügte das Philantropin, dessen Name übersetzt „Stätte der Menschlichkeit“ bedeutet, über eine Turnhalle. Erst ab 2006 sollten im Philantropin wieder Kinder unterrichtet werden. 

 

1942 wohnten im Nordend offiziell keine Jüdinnen und Juden mehr. Die wenigen verbliebenen jüdischen Frankfurter*innen waren im Ostend ansässig. 

Als der Naziterror 1945 endlich sein Ende fand, lebten in ganz Frankfurt nur noch 160 Menschen jüdischen Glaubens. 

 

80 Jahre später sind Hass und Ausgrenzung nicht überwunden, sondern aktueller denn je. Wieder ziehen Menschen durch die Straßen, hinterlassen eine Spur von Gewalt und machen Jagd auf diejenigen, die vermeintlich anders sind – unterstützt von Gerichten, die sogar am Jahrestag der Reichspogromnacht rechte Aufmärsche genehmigen, unterstützt von Politiker*innen, die Verharmlosungen des Geschehens nicht konsequent kontern. 

 

Auch wenn Chemnitz und Dortmund weit weg erscheinen: Mit einem Zweitstimmenergebnis von immerhin 13 Prozent sitzt die AfD nun nicht nur im Frankfurter Stadtparlament, sondern auch im hessischen Landtag. Und auch wenn Frankfurt, und insbesondere das Nordend, hierzu erfreulich wenig beigetragen haben: Zuwächse erzielte die Partei auch hierzulande. Und immer wieder werden auch in Frankfurt Menschen, die sich für Vielfalt und Toleranz stark machen, zum Opfer rechter Hetzkampagnen. 

 

Über 300 Stolpersteine erinnern heute bei uns im Nordend an diejenigen, die von den Nazis verfolgt und ermordet wurden. Aber Erinnerung allein reicht nicht. Erst wenn wir begreifen, dass Werte wie Toleranz, Freiheit und Gleichheit nicht selbstverständlich sind, sondern täglich neu erkämpft und verteidigt werden müssen und wenn wir es uns jede*r für sich zur ganz persönlichen Aufgabe machen, uns Ausgrenzung, Hass und Gewalt entschieden entgegenzustellen - erst dann können wir dafür sorgen, dass sich eine Nacht wie der 9. November 1938 nicht wiederholen wird. 

 



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